Sonntag, 21. November 2010

Kraftwärme-Kopplung / Eindrücke von der KWK-Impulstagung in Bingen

Am 28.10.2010 fand die 4. Implustagung des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung in Bingen statt.

Die Vorträge drehten sich um
  • Praxisberichte
  • Vergütung und Förderung
  • Technologie von dezentralen KWK-Anlagen
  • Ökologische und Ökonomische Aspekte
Besonders interessant war, dass auch Kritiker eingeladen waren und sich dadurch spannende und informative Diskussionen ergaben.

KWK-Anlagen gibt es schon lange in Form von GuD-Kraftwerke, die zusätzlich Wärme in ein Fernwärmenetz einspeisen. Mich interessieren inbesondere dezentrale Kleinanlagen (BHKW) mit 2-8 KW elektischer und 5-20 KW thermischer Leistung, wie beispielsweise dem Dachs.

Hier meine Eindrücke von der KWK-Tagung zu dieser Art von Analgen:

1. Betriebswirtschaftliche Betrachtung

Die Anlagen sind für Gebäude dimensioniert, die von September bis April einen kontinuierlichen Wärmebedarf von mehr als 10-15 KW und einen kontinuierlichen Stromverbrauch von mehr als 2-3 KW haben. Dies ist z.B. bei Gewerbebetrieben oder Mehrfamilienhäusern der Fall.
Investitionsvolumen ca. 20'000 Euro. Der Spitzenwärmebedarf im Winter wird mit Gasbrennwert gedeckt. D.h. das BHKW läuft wärmegeführt und ist so klein dimensioniert, dass die Anlage kontinuierlich läuft, damit sie die Investitionskosten einspielt.

Ins öffentliche Netz eingespeister Strom wird mit 8-12 Cent/KWh vergütet (5,11 Cent KWK-Förderung plus Einspeisevergütung). Dies ist 1-3 Cent/KWh höher als der Gaspreis und somit nicht viel mehr als kostendeckend.

Der Gewinn wird dadurch gemacht, dass
  • ein möglichst hoher Anteil des Stroms selbst verbraucht wird
  • die KWK-Anlage Non-Stop von September bis April laufen kann
Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
  • kontinuierlicher hoher Stromverbrauch (z.B. Wohnanlage mit 20 Einheiten, deren Grundverbrauch m.E. mindestens 50% der Erzeugung verbraucht)
  • kontinuierlicher hoher Wärmebedarf. Dies wird dadurch erreicht, indem man die KWK-Anlage sehr stark unterdimensioniert, so dass sie ständig laufen kann und die Zusatzwärmebedarf durch Gasbrennwert abgedeckt wird.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine KWK-Anlage eine Gelddruckmaschine: auch der eigenverbrauchte Strom wird mit 5,11 Cent vergütet. Hinzu kommen ca. 20 Cent für eingesparten Strombezug vom Energieversorger. Dies ergibt einen Ertrag von 25 Cent/kWH bei Energiekosten von rund 7 Cent und Wartungskosten von rund 2 Cent/KWH.

Es wurden Modelle vorgestellt, wie die Wärmelieferung sowie Stromlieferung an die Nutzer abgerechnet werden können und welche vertraglichen Optionen und Besonderheiten es gibt.

Mini-BHKW mit 1-3 KWel. sind derzeit in der Erprobung und teilweise schon auf dem Markt. Die Investitionskosten liegen bei 5000-7000 Euro. Damit wird eine Wirtschaftlichkeit bei 2-5 Familienhäuser oder kleineren öffentlichen/Bürogebäuden erreicht.


2. Ökologische Betrachtung

Gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom (in Großkraftwerken) und Wärme (in dezentralen Heizungen) haben dezentrale BHKW den Vorteil, dass die Abwärme, die bei der Stromerzeugung zu mindestens 50% abfällt direkt zur Heizung des Hauses genutzt werden kann. Teure und verlustbehaftete Fernwärmenetze entfallen.
Auch der Strom wird dort erzeugt, wo er verbraucht wird, so dass die Übertragungsnetze entlastet und Transformationsverluste vermieden werden.

Gas-BHKW erzeugen weniger CO2 und schädlichen Ausstoß als der deutsche Strommix, der im wesentlichen durch Kohle geprägt ist.


3. Volkswirtschaftliche Betrachtung

Hier gibt es Kritik an der dezentralen BHKW:
  1. Erdgas-BHKW sind nicht regenerativ; d.h. es werden i.d.R. fossile Brennstoffe verbrannt
  2. BHKW werden gefördert und erzeugen den Strom auch dann, wenn ihn niemand braucht (z.B. Überkapazitäten durch Windkraft bei starkem Wind) und schalten sich ggf. genau dann ab, wenn der Strom wegen Flaute und Wolken aus den regenerativen ausbleibt. D.h. BHKW sind nicht regenerativ, werden gefördert, aber tragen nicht zur Netzstabilisierung bei und entziehen sich den Gesetzen des Strommarktes
  3. BHKW sind nicht effizienter als Großkraftwerke in Verbindung mit dezentralen Wärmepumpen
  4. BHKW erzeugen billigen Strom und billige Wärme. Nach einer solchen Investition lohnen sich Investitionen in Wärmedämmung bzw. Reduzierung des Stromverbrauchs eines Hauses nicht mehr.
  5. Großkraftwerke sind in Anschaffung und Betrieb günstiger als eine entsprechende Anzahl von BHKW mit gleicher Leistung.
Folgende Gegenargumente kann man zu diesen 5 Punkten anbringen:
  1. Stimmt. Aber wir werden eine gewisse Menge an sauberen Gas-BHKW brauchen, um zum einen schmutzige Kohlekraftwerke rasch stilllegen zu können und auch flexibel auf die Schwankungen der regenerativen Energiequellen reagieren zu können. D.h. es handelt sich um eine relativ saubere Brückentechnologie und eine gute Ergänzung zu den Schwankungen der regenerativen Erzeuger
  2. Stimmt. Es ist dringend erforderlich, das BHKW am Strommarkt teilhaben. Wärme aus BHKW lässt sich für Stunden oder bis zu 1-3 Tage in relativ kleinen und billigen Wassertanks speichern. Das BHKW könnte daher stromgeführt arbeiten und helfen Stromerzeugung und Produktion im Gleichgewicht zu halten. Dafür müssen mehrere BHKW zusammengeschaltet werden, wie dies die TSB mit virtuellen Kraftwerken bzw. Lichtblick mit Schwarmstrom untersucht.
  3. Stimmt nur theoretisch: Großkraftwerke erreichen 35-50% Wirkungsgrad. Stromwärmepumpen holen aus 1 KWh Strom ca. 3-4 KWh Wärme. Das heißt man erreicht damit vielleicht 150-200% Gesamtwirkungsgrad. Ein BHKW erzeugt 30% Strom und 70% Wärme und schafft damit nur knapp 100% Wirkungsgrad. Diesen Vergleich kann man so aber nicht machen: Das BHKW erzeugt Strom, den wir dringend brauchen. Die Kette aus Großkraftwerk und Wärmepumpe erzeugt nur Wärme. Wenn das Großkraftwerk statt dessen Strom erzeugt den wir für Licht, Computer, Motoren nutzen, so ist der Wirkungsgrad 35-50% und mehr nicht. Das ist 50% schlechter als das BHKW. Und das ist der Standardfall!
  4. Es ist wesentlich besser, ein Niedrigenergiehaus zu bauen, Strom zu sparen und Photovoltaik und Sonnenkollektoren zu nutzen. Wir haben aber eine große Anzahl an Häusern, die sich nicht in Niedrigenergiehäuser umbauen lassen, z.B.: Mietshäuser ohne Fußbodenheizung, Stadthäuser ohne Südausrichtung, Gebäude mit Klinker-Fassade etc. Es ist daher sinnvoll, diese Bauwerke für die nächsten 100 Jahre mit BHKW auszustatten um die Netzstabilität zu sichern und Kohlekraftwerke abzuschalten.
  5. Das ist der Preis des Umweltschutzes und der Energieeinsparung. Wind, Wasser, Sonne und BHKW müssen redundant aufgebaut werden, da sie sich immer nur ergänzen. Wir müssen ein vielfaches der benötigten Gesamtleistung aufbauen, weil jede Technologie nur zu einem bestimmten Zeitpunkt Ihren Beitrag leistet. Und viele Anlagen in der Fläche sind aufwendiger als wenige Großanlagen. Aber hier gilt es, diese Kosten möglichst stark durch langlebige und hochautomatisierte Lösungen niedrig zu halten.
Der Grund, warum so heftig gegen dezentrale BHKW diskutiert wird ist laut einem der Vorträge, dass sie viele Gegner im Markt haben:
  • die Stadtwerke, die selbst Strom/Wärme erzeugen möchten
  • die Energieversorger, die ihren Strom verkaufen möchten
  • die Stromkonzerne, die Wettbewerb im Markt für Regelenergie fürchten

Sonntag, 1. August 2010

Erneuerbare Energien: Wer sollte für die Speicherkapazitäten sorgen?

Man liest immer wieder davon, dass Wind- und Sonnenkraftwerke den Strom zu den falschen Zeiten erzeugen und dass man daher erst einmal Speichertechnologien entwickeln sollte:
  • FDP: Der Ausbau der erneuerbaren Energien sollte gebremst werden, bis diese grundlastfähig sind
  • Franz Alt/Die Zeit: Die Batterien von Elektroautos wird man zukünftig zu riesigen virtuellen Speichern zusammenschalten und damit die starken Schwankungen von Wind und Sonne kompensieren
  • Großen 4 Energieversorger: Der ungezügelte Ausbau von Wind- und PV-Kraftwerken stellt die Versorgungssicherheit in Frage
Es gibt in der Tat erste Versuche, den Strom von PV-Anlagen in riesigen Batterien in den Kellern der Häuser zu speichern. Diese sind allerdings noch teuer und nicht langlebig.

Wenn man diese Diskussionen vom Stammtisch-Niveau auf die Sachebene herunterzieht wird m.E. klar, dass es sich um 4 Ebenen handelt. Die einzelnen Ebenen haben dabei nicht unbedingt etwas miteinander zu tuen. Und daher muss man vorsichtig sein, wenn man die Argumente der verschiedenen Ebenen miteinander vermischt, was leider manchmal geschieht.

Ebene 1: Netzstabilisierung durch Regelenergie auf der Ebene des europäischen Verbundnetzes

Die Übertragungsnetzbetreiber (ENBW, RWE, EON, Vattenvall) tragen die Verantwortung dafür, dass zu jedem Zeitpunkt Strom aus der Steckdose kommt. Hierzu wird positive Regelenergie (Erhöhung der Strom-Produktion, Reduktion des Verbrauchs) und negative Regelenergie (Reduktion der Produktion bzw. Erhöhung des Verbrauchs) eingesetzt um Einspeisung und Verbrauch exakt im Gleichgewicht zu halten.

Die geschieht beispielsweise durch die Leistungsanpassung von Großkraftwerken, Starten/Stoppen von KWK-Anlagen, Starten/Stoppen von Wärmepumpen, Ein/Abschalten von industriellen Großverbrauchern und den Einsatz von Speicherkraftwerken erreicht.
Die 4 deutschen Übertragungsnetzbetreiber sind dabei als Mitglieder der UCTE technisch und vertraglich in ein europäischen Netz eingebunden, so dass die Netzstabilisierung auf europäischer Ebene entweder gelingt oder zusammenbricht.

Ursachen für Netzschwankungen sind übrigens nicht nur Wolken, die sich vor die Solarkraftwerke schieben oder die Böhe, das das Windrad beschleunigt sondern auch Notabschaltungen von Kernkraftwerken oder eine Fehlprognose des aktuellen Verbrauchs (Mehr zu Regelenergie bzw. Regelleistung).

Ebene 2: Lastprofile auf der Ebene des Energieversorgers

Jeder Energieversorger ist verpflichtet, immer genau soviel Energie in das Stromnetz einzuspeisen wie seine Stromkunden gerade beziehen.
Das wirft 2 Probleme auf:
a) Woher soll der Energieversorger wissen, wieviel Strom seine Kunden gerade aus dem Netz beziehen?
b) Wie kann der Stromversorger die wechselnde Leistungsfähigkeit seiner Kraftwerke mit der wechselnden Nachfrage seiner Kunden synchronisieren?

zu a)
Für Großabnehmer wird das Lastprofil alle 15 Minuten gemessen und dem Energieversorger übermittelt. Für alle anderen Kunden gibt es Standardlastprofile. Man geht also davon aus, dass sich das individuelle Verbrauchsverhalten der einzelnen Stromkunden in der Masse zu einem Standardlastprofil aufaddiert und das jeder Stromversorger einen repräsentative Querschnitt von Kunden hat.
Die Antwort zu a) wird also durch eine Vereinfachung erreicht: jeder Energieversorger muss über den Tag das Standardlastprofil all seiner Kunden nachfahren. Daher reicht es, wenn die Kunden ein mal pro Jahr Ihren Verbrauch melden damit der Energieversorger die Gesamtmenge für das nächste Jahr entsprechend anpassen und die Standard-Lastkurve die er dann erfüllen muss berechnen kann.

zu b) Zunächst einmal versucht der Energieversorger die o.g. Lastkurve mit seinen Kraftwerken nachzufahren. Da aber die Stromproduktion aus Kohle, Atom, Wasser sich nicht so flexibel anpassen lässt (bzw. die Anpassung teuer/ineffizient) ist, werden Über/Unterkapazitäten an andere Energieversorger verkauft, die zu dem Zeitpunkt das entgegengesetzte Problem lösen müssen.

Die Strommengen werden meist an der European Energy Exchange gehandelt wobei Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Manchmal handeln die Energieversorger auch direkt miteinander, wobei sich dann die bilaterale Preisfindung offenbar auch an dem Marktpreis an der EEX orientiert.

Übrigens: Wenn man auf der Webseite der EEX auf Marktdaten klickt, kann man sehr schön den aktuellen Strompreis sowie dessen Verlauf in den letzten Tagen, Monaten und Jahren sehen.
Dabei liegt der Strompreis meist so bei 3-5 Cent/KWH (d.h. 30-50 Euro pro MWH).
Es gibt aber auch Momente, wo ein Preis von -10 Cent/KWH erreicht wird!!!

Ein Energieversorger hat dann gute Karten, wenn er in der Lage ist
  • das Standardlastprofil immer genau aus eigener Erzeugung zu decken
  • Strom zuzukaufen, wenn dieser billiger ist als die eigene Erzeugung
  • Strom zu verkaufen, wenn er dafür mehr Geld bekommt, als die eigene Herstellung kostet
Ebene 3: Regionale Versorgung

Immer wieder liest man davon, dass eine Stadt sich zu 100% aus erneuerbaren Energien versorgen kann bzw. dieses anstrebt. Oder dass ein Kohlekraftwerk in einer Stadt gebaut werden soll, damit die lokale Energieversorgung langfristig sichergestellt ist.

Ich habe für solche Aussagen nirgendwo sachliche Grundlagen gefunden und vermute daher, dass diese Ebene 3 gar nicht existiert:
  • Im liberalisierten Strommarkt hat jeder Verbraucher die freie Wahl, von welchem Energieversorger er seinen Strom bezieht. Ich kann also in Biblis wohnen und schwedischen Öko-Strom aus Wasserkraft beziehen oder neben einem Windpark an der Nordsee wohnen und Atomstrom aus Baden Würtenberg beziehen.
  • Eine Stadt bildet keine Einheit, in der jemand versucht eine Netzstabilisierung herbeizuführen. Das geschieht auf Ebene 1. Die Lastprofile müssen auf Ebene des Energieversorgers (Ebene 2) erfüllt werden und nicht auf der Ebene der Region oder Stadt.
Die Ebene 3 existiert vermutlich im Sinne von der Agenda 21 - dem Geist von Rio 1992: Global denken und lokal handeln.
Ich finde es ein sehr guter Ansatz, durch nachhaltige lokale Konzepte die Energie zu erzeugen, die lokal auch verbraucht wird.

Mit dem Thema dieses Artikels hat das aber weniger zu tuen und als Argument ein Kohlkraftwerk in einer Stadt bauen zu wollen taugt es gar nicht.

Ebene 4: Der einzelne Haushalt

Viele bauen eine PV-Anlage auf Ihr Dach und erhalten dafür die über das EEG garantierte Einspeisevergütung. Der Strom wird dabei unabhängig von dem Eigenbedarf zu 100% ins Netz eingespeist.

Viele (insbesondere die Kritiker des EEG) Fragen sich nun, ob man den Strom nicht zu Hause in Batterien speichern müsste um ihn schließlich selbst zu verbrauchen anstatt mit unkontrollierter Einspeisung die Stromnetze zu destabilisieren.

Dies wäre m.E.
a) viel zu teuer und umweltschädlich
b) irrelevant
c) kontraproduktiv

zu a)
Das Speichern von Strom ist teuer. Um den Nachtbedarf am Tage zu speichern bzw. den Winterbedarf im Sommer wären Batterien mit 10-30 KWH bzw. 1000-2000 KWH Kapazität erforderlich. Bei der Speicherung gingen rund 20% der Energie verloren.
Nach wenigen Jahren würden große Mengen Sondermüll und Kosten für die Neuanschaffung von Batterien anfallen. Hinzu kämen Kosten für die Netzstabilisierung im Hause um auf rasch schwankende Nachfrage/Einspeisung reagieren zu können.
Und bei einem Ausfall der Technik müsste man dann doch auf das Netz zugreifen.

zu b)
Die Netzstabilisierung im Haus ist irrelevant, da es Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber ist (Ebene 1) die Netze zu stabilisieren. Der einzelne Haushalt darf nicht die Aufgabe haben für Regelenergie zu sorgen um damit die europäischen Stromnetze zu stabilisieren, da die Übertragungsnetzbetreiber dafür bezahlt werden dies zu leisten und das einzelne Haus ohnehin nicht dafür haftbar gemacht werden wenn dies nicht gelingt und die Netze zusammenbrechen. Diese Verantwortung muss zentral (d.h. auf Ebene 1) wahrgenommen werden.

An der Argumentation ändert sich nichts, wenn das Haus eine PV-Anlage hat und zu bestimmten Zeiten Strom einspeist während es zu anderen Zeiten Strom bezieht.

zu c)
Während ein Haus mit seiner PV-Anlage Strom erzeugt sind umliegend viele Häuser, die keine PV-Anlage haben und Strom verbrauchen. In einem Wohngebiet wird zu jedem Zeitpunkt mehr Strom verbraucht als Strom erzeugt. Daher trägt jede PV-Anlage in einem Wohngebiet zu einer Entlastung der lokalen Netze und Reduzierung von Leitungsverlusten bei - egal wann die Sonne scheint.

Der Strom aus PV-Anlagen passt sehr gut zum Standardlastprofil, da am Tage die Erzeugung am höchsten ist während auch der Verbrauch in Haushalt, Gewerbe und Industrie am Tage sein Maximum hat.
Zudem ergänzt sich der PV-Strom sehr gut zu Windstrom: Windenergieanlagen erzeugen den meisten Strom von September-April während PV-Anlagen den meisten Strom von April-September erzeugen.
Wenn PV-Anlagenbesitzer anfangen würden ihren Strom am Tage oder im Sommer zu speichern, so würde dieser positive Effekt wegfallen.
Zudem würden sie evtl. genau zu dem Zeitpunkt den Strom speichern in dem der Übertragungsnetzbetreiber mit enormen Aufwand Regelenergie herbeischafft weil irgendwo ein Kraftwerk vom Netz gegangen ist.
D.h. der Regelenergiebedarf kann vom einzelnen Haushalt nicht erkannt werden und hierfür in der Fläche Batterien in die Keller zu stellen ist wenig sinnvoll.

Fazit:

Das Thema Netzstabilisierung und Stromspeicherung muss m.E. aus der Sicht des Verantwortlichen auf der jeweiligen Ebene gesehen werden.
Wenn es um Regelenergie geht, passen Batterien und Elektroautos nicht ins Konzept weil diese auf der falschen Ebene existieren.

Sehr wohl ist es jedoch möglich, durch das gezielte An/Abschalten von vielen Stromverbrauchern den Stromverbrauch zu verändern. Dank dem Internet ist dies zukünftig nicht nur für Großverbraucher sondern auch für Geräte in privaten Haushalten kostengünstig möglich.
Bevor man das aber vorschlägt muss man sich aber überlegen, auf welcher Ebene man sich bewegt:

Der private Haushalt hat nur eine Vertragsbeziehung mit seinem Energieversorger. Um den Energieversorger bei der kostengünstigen Einhaltung seines Lastprofils zu unterstützen muss dieser erst einmal eine Infrastruktur aufbauen um für alle (viele) seiner Kunden das tatsächliche Lastprofil alle 15 Minuten zu erheben. Ansonsten geht ohnehin alles im Einheitsbrei des Standardlastprofils unter. Daran ändert das Abschalten von Kühlschränken wenig.

Wenn man private Haushalte an der Bereitstellung von positiver/negativer Regelenergie beteiligen möchte, so muss der jeweilige Energieversorger dieser Haushalte erst einmal ein Konzept aufbauen, wie er seine Stromkunden zu einem virtuellen Erzeuger von Regelenergie zusammenschalten möchte um diese Regelenergie dann an die Übertragungsnetzbetreiber zu vermarkten.

Eine andere Möglichkeit ist, dass ein Stromversorger die Kontrolle über die dezentralen Stromerzeugungsanlagen übernimmt und diese in Eigenregie ein/ausschaltet um Regelenergie zu erzeugen.
Der Schwarmstrom von Lichtblick ist ein prominentes Beispiel hierfür. Meines Erachtens ist es eine charakteristische Eigenschaft des Konzeptes, dass der Kunde keinen Zugriff auf den Strom hat, der in seiner KWK-Anlage erzeugt wird. D.h. es darf kein Eigenverbrauch des so erzeugten Stroms geben, da sonst die Ebenen durchbrochen würden (bei Lichtblick ist das offenbar auch so).


Wie man an den diversen Teilmärkten an der EEX sehen kann, hat der Markt von Regelenergie nichts/nicht viel mit dem Strommengen-Markt der Energieversorger zu tuen.

Meines Erachten ist für die Batterie im Keller weder technisch noch wirtschaftlich oder vertraglich ein sinnvoller Platz in diesem Gebilde vorhanden.

Samstag, 31. Juli 2010

PV-Eigenverbrauch: Die wundersame Geldvermehrung

Bisher sind quasi alle PV-Anlagen so installiert, dass sie 100% des erzeugten Strom ins Netz einspeisen. Der Eigenverbrauch von PV-Strom machte offenbar keinen Sinn, da man für den eingespeisten Strom wesentlich mehr erhält als man selbst für den Bezug von Strom an den Energieversorger zahlt.

Gewinnsteigerung durch Eigenverbrauch

Für PV-Anlagen, die seit dem 1.1.2009 errichtet wurden ist es jedoch möglich, PV-Strom selbst zu verbrauchen und dafür zusätzliches Geld aus der EEG-Umlage zu erhalten.
Für 2009 installierte Anlagen sind das 25 Cent. Zählt man die rund 20 Cent hinzu, die man durch die Verminderung des Strombezugs vom Energieversorger einspart so sind das 45 Cent für jede KWH selbst genutzten Strom. Da man für die Stromeinspeisung für 2009er Anlagen nur 43 Cent erhält, steigert man die Vergütung um 2 Cent pro KWH.

Das schöne ist, dass mit jeder Strompreiserhöhung sich der Ertrag des Eigenverbrauchs erhöht. Bei 2% Inflation pro Jahr steigt damit die Vergütung des Eigenverbrauchs nach 20 Jahren bis auf 25 + (1,02 hoch 20) = 55 Cent pro KWH.

Reduzierung der EEG-Umlage und Entlastung der Allgemeinheit

Das erstaunliche ist, dass man hierdurch nicht nur den Ertrag aus der PV-Anlage erhöht sondern zugleich weniger EEG-Umlage erhält und daher die anderen Stromkunden, die die EEG-Umlage zahlen entlastet.
D.h. man bekommt von den anderen weniger und verdient trotzdem mehr!

Dieser erstaunliche Effekt hat folgende Ursache:

Für 2009er PV-Anlagen erhält man 43 Cent pro KWH eingespeisten Strom vom Netzbetreiber. Dieser Strom wird letztendlich an der Strombörse mit rund 6 Cent/KWH (das ist der aktuelle Preis für Grundlaststrom) "vermarktet". Den Differenzbetrag von rund 37 Cent/KWH wird als EEG-Umlage auf alle Stromkunden umgelegt. Der Endkunden-Strompreis in Deutschland erhöht sich durch diese Umlage um aktuell 2 Cent/KWH.

Zur Funktionsweise der EEG-Umlage siehe:

Wenn die PV-Anlagenbetreiber nun einen Teil Ihres Stroms für 25 Cent/KWH selbst verbrauchen so muss durch die EEG-Umlage nur noch 25 Cent/KWH + 6 Cent für den fehlenden Grundlaststrom aufgebracht werden. D.h. jede KWH Eigenverbrauch belastet die EEG-Umlage mit 31 Cent anstatt mit 37 Cent.

Wie kommt es zu dieser wunderbaren Geldvermehrung?

Das Problem der derzeitigen PV-Anlagen mit Kompletteinspeisung ist, dass der Strom zunächst durch das EEG von 43 Cent auf 6 Cent heruntersubventioniert wird und anschließend über die Strombörse und die Energieversorger wieder für 20 Cent an die Endkunden verkauft wird. An dem Strom, der vom Hausdach ins öffentliche Netz geht und sofort wieder über den Strombezugszähler zu den Geräten im selben Haushalt verdienen viele Firmen mit. Und das belastet die EEG-Umlage unnötiger Weise.

Eigenverbrauch für neue PV-Anlagen

Mit der Absenkung der Einspeisevergütung zum 1.7.2010 ist der PV-Eigenverbrauch noch attraktiver geworden, da der Eigenverbrauch weniger abgesenkt wurde als die Stromeinspeisung.

Umstellung von Alt-Anlagen auf Eigenverbrauch

Aber auch für Anlagen, die bereits in 2009 genutzt wurden, kann sich eine Umstellung auf Eigenverbrauchsnutzung lohnen.

Die Kosten von rund 500-1000 Euro für die zusätzliche erforderlichen Stromzähler sowie die Umstellung der Installation können sich in den verbleibenden 19 Jahren armotisieren.
Anbei eine Beispielrechnung mit Strombezugskosten von 21 Cent mit einer Steigerung von 2% pro Jahr. Dies gibt bei Umstellung auf Eigenverbrauch einen Mehrertrag von über 1300 Euro.

Bei aktuellen Strombezugskosten von 23 Cent für Öko-Strom und einer Steigerungsrate von 2% ergibt sich ein Mehrertrag von über 1800 Euro pro Jahr.

Abziehen muss man natürlich noch die Kosten für die Umstellung von einmalig 500-1000 Euro.

So richtig fett ist sind dann die Mehreinnahmen nicht mehr. Aber es ist auch schön hiermit das Haus in Richtung Selbstversorgung zu entwickeln. Und nach 20 Jahren steht einem das ja ohnehin bevor, weil dann die Einspeisevergütung in der Form wegfällt aber die Module weiter Strom erzeugen.

Zugleich hat man die Chance, das PV-Monitoring-System um ein Monitoring des Eigenverbrauchs zu erweitern und damit den Stromverbrauch des Hauses besser im Blick zu haben.
Das kann z.B. so aussehen: Inek Verbrauch+Ertrag


Donnerstag, 3. Juni 2010

Der Hype um Elektroautos

Derzeit werden Elektroautos als die Zukunftstechnologie für CO2-freie oder zumindest CO2-arme Mobilitätstechnik gehandelt. Ich sehe nicht, welche Probleme Elektroautos lösen können:

These 1: Elektroautos nutzen Primärengerie nicht effizienter als herkömmliche Autos

Die Effizienz eines Otto- bzw. Dieselmotors liegt bei ca. 35% bzw. 45%. Ein Elektromotor hat eine Effizienz von 95%. Das klingt vielversprechend.


Allerdings wird der dafür benötigte Strom heute überwiegend in Kohle oder Atomkraftwerken mit einem Wirkungsgrad von höchstens 50% erzeugt. Hinzu kommen noch Verluste durch Übertragung und Speicherung in Batterien, so dass ein Elektroauto bestensfalls auf den Gesamtwirkungsgrad von 30%-40% kommt, den auch schon herkömmliche Autos erreichen.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsgrad

Da weder die Batterie noch der Elektromotor nennenswerte Mengen Wärme abgeben, muss in der kalten Jahreszeit (Herbst-Winter-Frühling) gespeicherter Strom in Heizwärme für den Fahrgastraum umgewandelt werden. Damit halbiert sich die Reichweite bzw. die Effizienz des Autos zusätzlich.

Das ist das eigentlich absurde: Zunächst wird der Strom in Großkraftwerken erzeugt, die 50% Abwärme in die Umwelt geben und nach vielen komplexen und teuren Übertragungs- und Speicherverfahren wir mit dem gespeicherten Strom im Auto der Fahrgastraum geheizt.

These 2: Es ist nicht sinnvoll Strom aus erneuerbaren Energien für Elektroautos zu verwenden

Der deutsche Strommix besteht zu rund 50% aus Kohle und Gas, 25% Atom und weniger 20% regenerative Energien (http://www.verivox.de/ratgeber/der-strommix-in-deutschland-42056.aspx). Den gleichen Strommix verwendet die Bahn.

Um die Umwelt zu entlasten ist es sinnvoll den Anteil der erneuerbaren Energien möglichst schnell in Richtung 100% auszubauen. Dies halten viele (und ich auch) bis 2050 für machbar. Die Bundesregierung hält dies nicht für machbar bzw. bezahlbar.

Solange jedoch die Verbraucher, die über bereits existierende Stromnetze angebunden sind nur zu einem sehr geringen Anteil mit erneuerbaren Energien versorgt werden können macht es wenig Sinn mobile Verbraucher wie das Elektoauto mit Öko-Strom zu versorgen.

Daher sollten Steuergelder und Technologien erst einmal in den Ausbau der erneuerbaren Energien fließen um Haushalte, Industrie, Gewerbe und die Bahn mit Öko-Strom zu versorgen. Wenn dieses Ziel 2050 vielleicht erreicht ist, macht es Sinn sich über die Öko-Strom-Versorgung von Elektoautos Gedanken zu machen.

These 3: Elektroautos eignen sich nicht für Speicher zur Stabilisierung der Stromnetze

Eine viel diskutierte Idee besteht darin, die schwankende Stromerzeugung von Wind und Solar durch die Batterien der Elektroautos zu verstetigen. Dabei sollen Millionen von Elektroautos als virtuelle Großbatterie Strom aufnehmen, wenn zu viel Angebot vorhanden ist und diesen wieder ins Netz speichern, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt.

Die Idee hat gleich mehrere Haken. Die Stabilisierung der Stromnetze ist Aufgabe der Netzbetreiber und Energieversorger. Diese haben jedoch keinen garantierten Zugriff auf die Batterien der Autos, wenn sie diesen benötigen.

Der Autonutzer wäre im übrigen ziemlich verärgert, wenn er spontan losfahren möchte aber dann feststellt, dass sein Energieversorger gerade seine Batterie entleert hat. Bei Ladezeiten von mehreren Stunden und den ohnehin nur geringen Reichweiten der Elektroautos hat niemand Interesse daran, dass der Energieversorger die Batterie ungehindert leert. Hinzu kommt, das Über-/Unterangebote sich über Tage und Wochen hinweg ziehen können.

Die Antwort auf dieses Problem dürfte daher der Ersatz von Großkraftwerken durch flexibel steuerbare Blockheizkraftwerke (siehe z.B. Lichtblick-Schwarmstrom) in Kombination mit der angebotsabhängigen Steuerung von Verbrauchern sein.

These 4: Das Elektroauto wird auf lange Zeit nur für spezielle Nutzungsszenarien wettbewerbsfähig sein

Die großen Probleme der Elektroautos für den Nutzer sind

  • sehr hohen Kosten der Batterien
  • geringe Reichweiten
  • lange Ladezeiten
  • geringe Batterielebensdauer
Technologisch wird sich da vielleicht noch viel entwickeln. Aber wollen wir denn wirklich entlang der Straßen der Wohngebiete, an Parkplätzen, Einkaufsmärkten etc. alle 5 Meter Ladestationen aufstellen? Oder wollen wir von Tankstelle zu Tankstelle fahren um zu fragen, ob gerade vollgeladene Austauschbatterien verfügbar sind?

These 5: Elektroautos sind nicht aus Umweltliebe sondern aus Verzweifelung auf dem Plan

Wenn Elektroautos derzeit wenig sinn machen, warum begeistern sich so viele dafür?

Angenommen, in den nächsten 20 Jahren wird Bezin richtig teuer, weil die Nachfrage weiter steigt und zugleich die Öl-Förderung einbricht. In diesem Fall wären marktreife Elektroautos die Rettung um weiterhin tonnenschwere und schnelle Autos mit hoher Jahreskilometerleistung über die Straßen zu jagen. Wir hätten zwar aufgrund der Batterietechnik deutliche Komforteinschränkungen (siehe These 4), aber wir könnten weiterhin mit billigem Kohlestrom Autofahren. Kohle ist für die nächsten 200 Jahre weltweit verfügbar und kann, wenn einem das Klima egal ist weiterhin in großen Mengen verbrannt werden.

Ich vermute daher, dass es beim Elektroauto um die Umstellung der Energieversorgung der Autos von Bezin/Diesel auf Kohle/Atom geht. Erst ab 2050 würde eine Umstellung auf erneuerbare Energien Sinn machen (siehe oben).

These 6: Hybridautos sind die ökologische Zukunft

Autos mit Hybridantrieb weisen nicht die Probleme der Elektroautos auf und bringen zugleich einen höheren Nutzen:

  • Die Energie wird an Bord erzeugt. Ladestationen und Reichweitenprobleme bestehen nicht
  • Es wird eine ca. 20% höhere Effizienz als bei Bezin/Dieselmotoren erreicht (und damit auch 20% besser als Elektroautos)
  • Geringe Batteriekosten, da diese sehr viel kleiner ausfallen
  • Abgasfreies und geräuscharmes Fahren in den Innenstädten wie beim Elektroauto
  • Neben Fortbewegungsenergie entsteht als Abfallprodukt auch viel Wärme, welche für das Heizen des Fahrgastraumes in der kalten Jahreszeit benötigt wird.
  • heute schon zu wettbewerbsfähigen Preisen erhältlich